bits-Home Inhalt next Sommersemester 1996 Nr. 1 vom 14. Mai
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Studicafés am Campus

  Was tun, wenn es nichts zu tun gibt?

Jeder, der am Campus der Universität Hamburg die eine oder andere Vorlesung besucht, kennt das Problem:

Entweder es herrscht gerade Vorlesungspause, weil die Nebenfachvorlesung wie immer zu einem unmöglichen Zeitpunkt stattfindet, oder die derzeitige Vorlesung ist so langweilig, daß man am liebsten in die Tischkante beißen möchte.

Da bleibt dem Ottonormalstudenten nichts anderes übrig, als sich irgendein gemütliches Örtchen und entsprechende Ablenkung zu suchen.

Aber wohin? Da gibt es natürlich die Kneipen und Cafés, wie das Libresso oder das Abaton, aber wer will schon regelmäßig und vor allem tagsüber Geld in Kneipen lassen? Das ist jawohl keineswegs das Gelbe vom Ei.

Das Ei des Kolumbus sind also studentische Cafés. Hier gibt es keinen Verzehrzwang, manchmal nette Leute und keine überhöhten Preise.

Da hätten wir schon ein paar:

  1. einige ,,Raucherhallen``
  2. das Café ,,Knallhart``
  3. das Anglarium
  4. das ,,Paranoia``

Dies sind natürlich längst nicht alle (ZFI, Pferdestall usw.), aber ich kann mich ja nicht um alles kümmern, oder?

Anfangen wollen wir mal mit den Raucherhallen. Wer auf die morbide Atmosphäre einer Bahnhofshalle steht, sollte seine Erfüllung im WiWi-Bunker finden. Hier wird immer für schlechte Luft, unpersönliche Stimmung und ekelhaft rumstehendes Geschirr gesorgt. Ich möchte ja keine Vorurteile schüren, aber es ist halt der WiWi-Bunker. Urteil: Nur für Masochisten geeignet.

Etwas besser wird's da bei den Pädagogen (VMP 5): Im Foyer, nach dem Pförtner links herum befindet sich das PI-Café, das man Kiosk mit Aufenthaltsraum nennen könnte. Dank zweier charmanter junger Damen kann man hier Kaffee, Tee, Mars, Stullen oder ähnliches zu sich nehmen. Anders als im WiWi-Bunker ist hier das Öffnen von Fenstern durchaus möglich, so daß der Aufenthalt außer für besonders Empfindliche und militante Nichtraucher nicht unerträglich wird. Hier herrscht jedoch sehr viel Hektik, so daß sich das Einkehren nur für Arbeitssitzungen, keinesfalls aber zur Entspannung lohnt.

Anders ist es da im Knallhart, das sich bei den Politologen (HWP) gleich im Erdgeschoß befindet und wirklich leicht zu finden ist. Hier hat man das Vergnügen, in mehr oder weniger gemütlichen Sesseln und Sofas zu sitzen, so daß sich Entspannung schon fast automatisch einstellt. Daraus folgt: Der Name ist nicht Programm. Die Räumlichkeiten sind großzügig arrangiert (Man beachte das Fremdwort!) und die Einrichtung individuell anpaßbar. Fast schon gemütlich. Leider gibt es hier außer ein paar Süßspeisen nix zu essen.

Im Anglarium wird das anders gesehen. Neben den üblichen Leckereien kann man sich hier sogar ein oder gar mehrere Brötchen schmieren. Für die Brötchen, die Nutella oder Marmelade ist sogar meist gesorgt. Leider befindet sich dieses Plätzchen im Philoturm (2 Treppen hoch und links rum), so daß das Öffnen von Fenstern auch hier nicht möglich ist. Für Teerfeinde ist also Vorsicht geboten. Außerdem ist das Café sehr klein und deshalb schnell überfüllt. Das ist wohl auch der Grund, daß man hier mitunter durch Sprüche wie ,,Das sind aber keine Anglisten¡` diskriminiert wird. Trotzdem hat dieser Ort mit seinem riesigen Poster (Nick Cave) einen ganz eigenen Charme.

Zuguterletzt kehren wir nochmal zu den Pädagogen zurück. Das Paranoia (Am Ende des Foyers rechts durch den Glasgang, 2 Treppen hoch und fertig, Ausschilderung ist vorhanden) ist meiner Meinung nach das lohnenste der hier aufgezählten Ruhestätten, denn es verbindet viele Vorteile anderer Cafés und weist sogar noch einige Extras auf. So ist es z.B. so geräumig wie das Knallhart, wobei die Gemütlichkeit des Anglistencafés kaum verloren geht. Hier wird man nicht über die Masse diskriminiert und wird durchaus eingeladen, sich an der Fußballtippgemeinschaft zu beteiligen. Na wenn das kein Zeichen von wahrer Toleranz gegenüber Außenstehenden ist! Das Paranoia ist außerdem frisch renoviert und weist einen Balkon (mit Sitzgelegenheit) als Freiluftzone auf. Abgesehen davon gibt es Musikbeschallung kostenlos. Hier kann Mann oder Frau schon einige Stunden mit Kartenspielen oder politischen Diskussionen (mit Pädagogen) zubringen.

Jedoch: In jeder Suppe schwimmt ein Haar. Im Paranoia darf man sich erstens nicht über herumliegende oder an der Wand hängende Propaganda ärgern und muß zweitens Udo Lindenberg vertragen können. Wenn man darüber hinweg sieht oder es sogar mag, steht dem Vergnügen nichts mehr im Wege.

Steven Adler


bits-Redaktion