bits-Home Schon gemerkt - Du wirst evaluiert Inhalt Entwurf eines nichtdeterministischen ... Sommersemester 1995 Nr. 2 vom 28. Juni
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Resolution der 23,0. KIF in Oldenburg

  Die 23,0. KIF lehnt die FÜV (Fernmeldeverkehr-Überwachungs-Verordnung) vom 18.5.1995 aus folgenden Gründen ab:

Juristische Argumentation:

Die FÜV ist eine Verordnung (kein Gesetz!), welche rechtliche Vorschriften für die Betreiber von öffentlichen Kommunikationsanlagen enthält, die technische und organisatorische Voraussetzungen für massenhafte und flächendeckende Überwachungsmaßnahmen schaffen.

Dadurch wird das Kommunikationsverhalten des Einzelnen beeinflußt (Angst vor potentieller Überwachung). Folglich wird das Grundrecht des Einzelnen auf kommunikative Selbstbestimmung schwer beeinträchtigt.

Die Unschuldsvermutung wird durch die Unverhältnismäßigkeit der rechtlich erzwungenen Maßnahmen pervertiert (Massenüberwachung).

Weil die FÜV mehrere Grundrechte (Persönlichkeitsrecht, Menschenwürde, Fernmeldegeheimnis, ...) wesentlich einschränkt, obwohl sie lediglich eine Verordnung aber kein Gesetz ist, ist sie verfassungswidrig.

Politische Argumentation:

  1. Das Recht auf inhaltliche Diskretion der Kommunikation wird zur Geld- und Wissensfrage (nur wenige können selbst verschlüsseln). Erfahrungen mit bisherigen Abhörmaßnahmen haben nicht den Nachweis erbringen können, zur Bekämpfung der sogenannten ,,organisierten Kriminalität`` geeignet zu sein.

  2. Klein- und Kleinstanbieter (z.B. Mailboxbetreiber oder unabhängige Netze) werden durch den Zwang zu teuren Investitionen und Maßnahmen aus dem Markt gedrängt.

  3. Es entstehen durch Erfassung der Funkzelle beim Mobilfunk Bewegungsbilder. Dies bedeutet eine Zweckentfremdung der FÜV (Observation statt Abhören).

  4. Es werden ökonomisch erhebliche organisatorische und technische Investitionen getätigt, um massenhafte und flächendeckende Überwachung zu ermöglichen, obwohl Überwachung juristisch ein Ausnahmefall sein müßte (da Einschränkung von Grundrechten).

Fazit: Die FÜV erzwingt die Rationalisierung und Automation von Überwachungsmaßnahmen (auch automatisierte Entscheidung!). Sie schafft administrative, technische und organisatorische Grundlagen für den Überwachungsstaat.

Aus obigen Gründen fordern wir die Bundesregierung auf, die Verordnung unverzüglich zurückzuziehen.

Die 23,0. KIF in Oldenburg am 5.6.95